Senkrechter Deichelbohrer

In den Städten des Spätmittelalters wurde die Wasserversorgung immer weiter ausgebaut. Entsprechend große war der Bedarf an unterirdisch zu den Verteilerkästen und Zapfstellen führenden Rohren aus hohlgebohrten Holzröhren. Diese sog. Deichel oder Deuchel mit langen Handbohrern auszubohren, war mühsam und zeitraubend. Die sog. ‚industrielle Revolution des späten Mittelalters‘ ersann dazu Verfahren zur rationelleren Produktion. Leonardo da Vinci schlug hierfür eine Bohrmaschine vor, in der ein vertikales, nahezu turbinenförmiges Wasserrad den Bohrer direkt antreibt, während das Werkstück aufrecht auf dem Bohrer steht und dieser durch ein Gegengewicht etwas entlastet wird. Sollte kein Bohrer zur Verfügung stehen, könne man die Röhren auch aus den daneben gezeichneten verschraubten Rohrsegmenten zusammensetzen, so die Beischrift (D. Lohrmann: Codex Madrid I, 2018, S. 111).

Schemazeichnung eines wasserradgetriebenen Bohrers (Biblioteca Nacional de España Madrid, Codex Madrid I, fol. 46r; Lizenz: non commercial)

 

Einen genauso schematischen, zeichnerisch etwas einfacheren Entwurf findet man in einer bereits um 1420 entstandenen technischen Bilderhandschrift, die heute in der Zentralbibliothek Zürich aufbewahrt wird. Hier fehlt lediglich die Entlastung des Bohrers.

 

 

 

 

 

Senkrechter Deichelbohrer (Zentralbibliothek Zürich, Ms. Rh. Hist. 33b, fol. 89r – Lizenz: Public Domain)

 

 

 

Auch im zu Lebzeiten Leonardos entstandenen Weimarer ‚Ingenieurkunst- und Wunderbuch‘ findet sich ein senkrechter Deichelbohrer. Er ist ebenfalls recht schematisch gezeichnet. Gegenüber Leonardo fehlt die Entlastung des Bohrers, dafür wird hier wie auch in der Zürcher Handschrift das Gestell skizziert, das eine präzise Führung von Werkzeug und Werkstück erlaubt.

 

 

Senkrechter Deichelbohrer (Digitale Sammlungen der Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Klassik Stiftung Weimar, Fol 328, fol. 21v – Lizenz: mit freundlicher Genehmigung der Anna Amalia Bibliothek)